Wer denkt, dass hiesige Organisationen einer schönen und umfangreichen Hochzeit extrem anstrengend und stressig sind, meckert auf hohem Niveau. Denn das, was bei einer türkischen Hochzeit oftmals auf der Agenda steht, sprengt allen Vorstellungen von groß und gigantisch und erst recht den vorstellbaren Rahmen. Grundsätzlich sollte man zwei ganz elementare Dinge zur türkischen Hochzeit merken: Es wird laut, es wird bunt und man kann noch einmal mindestens mit einer Hochzeitsgesellschaft von doppelter oder dreifacher Gästeanzahl rechnen wie bei einer herkömmlichen, deutschen Hochzeit.
Die türkische Tradition und ihre Riten werden besonders bei Hochzeiten sehr ernst genommen. Wenn auch nur im Geringsten das ein oder andere Ritual ausgelassen wird, bekommt die Zeremonie sofort einen bitteren Beigeschmack. Wer türkisch heiratet kommt an so einige traditionsgebunden Gewohnheiten vorbei.
Der Antrag und – „Kız isteme“ (Um ein Mädchen bitten)
Selbst wenn der zukünftige Bräutigam bereits schon längst mit seiner Angebeteten um das Thema Hochzeit und Heirat gesprochen hat und ihr womöglich schon einen Heiratsantrag gemacht hat, den sie eingewilligt hat, muss er dennoch erneut um die Hand der Braut offiziell bitten. Dazu gehört der türkische Brauch, dass die Eltern des Bräutigams und einige Verwandte den Eltern und Verwandten der zukünftigen Braut einen Besuch abstatten. Sie müssen dann beim Familienältesten, hier oftmals eben der Vater der Braut, im Namen von Allah und dem Propheten Mohammed um die Hand der Tochter anhalten.
Nachdem dieser offizielle Akt erfolgt ist, kommt man zum Mokka-trinken zusammen. Und auch hier wird der zukünftige Bräutigam auf die Probe der Tauglichkeit gestellt. Denn er bekommt keinen gewöhnlichen Mokka, wie alle anderen Anwesende. Die zukünftige Braut höchstpersönlich serviert ihrem Zukünftigen einen schwarzen und starken Mokka, der anstatt mit viel Zucker, um ihn trinkbar zu machen, mit Salz gesüßt wird. Die Tauglichkeit als Schwiegersohn zeigt sich dann, wenn er den total versalzenen Mokka ohne zu reagieren Schluck für Schluck trinkt. Lässt er sich den widerlichen Geschmack nicht anmerken, gilt dies als größter Liebesbeweis.
Das Versprechen – „söz kesme“
Ist das Ritual mit dem salzigen Mokka und dem Antrag und das Bitten um die Braut bei deren Eltern vollbracht, geht es mit der Feierlichkeit und der Tradition vor der Hochzeit direkt weiter. Eine familiäre kleine Familienfeier im engsten Kreis wird abgehalten, bei der schon die Verlobungsringe ausgetauscht werden. Wer hier als Bräutigam die Ringe vergisst, muss damit rechnen, dass er das Weite suchen muss. Dieses Ritual heißt „söz kesme“, das Versprechen. Denn mit dem Austausch der Ringe wird schon jetzt die bevorstehende, eheliche Verbindung besiegelt. Die Ringe sind mit einem roten Band miteinander verknüpft. Nachdem die Verlobungsringe an die jeweiligen Finger gesteckt worden sind, zerschneidet ein Familienoberhaupt das rote Band. Somit wird die Verlobung grundlegend und zu 100 Prozent durch die Familie anerkannt und die Verbundenheit des Paares somit offensichtlich und symbolisch besiegelt. Und wer nun denkt, dass es gleich zur Hochzeitsfeier übergeht, liegt falsch.
Zuerst die Verlobungsfeier
Nachdem der Antrag genehmigt und gefeiert wurde, der bittere Mokka getrunken und die Ringe ausgetauscht sind, folgt die Verlobungsfeier. In der Regel wird hierfür schon allein ein Saal angemietet, weil schon bei dieser „kleinen“ Feier unzählige Familienangehörige und Verwandte beider Familien eingeladen werden. Es wird zu türkischer Musik getanzt und reichhaltig gegessen. Für diese Festlichkeit trägt die Braut in der Regel ein sehr auffälliges und pompöses Kleid. Die Farben hierfür sollen entweder rot, gelb, pink, blau oder gar kunterbunt sein. Die Farbe weiß keinesfalls. Schwarz sollte auch nicht getragen werden, das es Trauer und Unmut ausdrücken könnte. Hier wird in vollen Zügen die Feierlichkeit und auch der Anlass gefeiert und dazu gehört in vielen Fällen auch das traditionelle Shisha Rauchen. Eine große Auswahl an Shisha Tabak steht den Gästen zur Verfügung, sodass jeder die für sich passende Geschmacksrichtung finden kann.
Henna-Nacht für die Braut
Die Henna-Nacht findet im Haus der künftigen Braut statt. Weibliche Familienangehörige und Freundinnen werden zum Essen, Tanzen und Singen eingeladen. Die Braut wird dabei in eine traditionelle Tracht, der „Bindalli“, die aus Samt und gestickten Pflanzenmotiven geschneidert worden ist, gehüllt. Die Braut trägt dabei ein rotes Kopftuch mit Pailletten, um ihre Tränen zu verbergen, da sie ja nun das Elternhaus verlässt. Das Tanzen und Singen findet so lange statt, bis die Braut anfängt zu weinen. Damit die Braut auch wirklich weint, sitzt sie auf einem Stuhl und es erklingen sehr traditionsreiche Lieder. Die eigentliche Zeremonie des Henna-Auftragens beginnt erst, wenn zu später Stunde des Abends der Bräutigam dazukommt. Einige Stunden vor der Hochzeitsfeier findet die standesamtliche und/oder die islamische Trauung statt. Hier erhält das Brautpaar natürlich bereits die ersten Gratulationen.
Die Hochzeit
Auch wenn sich das Paar vorab bereits vor dem Standesamt das Ja-Wort“gegeben hat, geht die eigentliche Zeremonie und Feier erst vor dem Traualtar im Hochzeitssaal los. Die gesamte Trauung wird erneut nochmals wiederholt und je lautstarker Braut und Bräutigam ihr bekennendes „Ja“ herausschreien, umso mehr wird dies von der gesamten Hochzeitsgesellschaft als ein klarer Liebesbeweis gedeutet.